Heft 2 : Drogen & Strafrecht
Das Märchen von der Wirksamkeit der Prohibition
freispruch # 2 | januar 2013 | das ganze Heft als PDF-Download (34 MB)
Ein beliebter Schlachtruf im Berliner Mommsenstadion geht so: »Tennis Borussia von 1902 / sechste Liga aber ohne Polizei«. Es sagt einiges über die Situation in den Fußballstadien, wenn die Abwesenheit der Einsatzhundertschaft als wertvoll genug empfunden wird, über die Sechstklassigkeit der eigenen Mannschaft hinwegzutrösten. Nie zuvor wurde soviel Geld mit Fußball verdient, nie zuvor soviele Spiele im Fernsehen übertragen und niemals waren derart viele Menschen in den Stadien der Profiligen wie heute. Und nie zuvor war soviel von Sicherheit die Rede. In Zukunft wird dies noch mehr werden. Fußballfans sollen sich vor Risikospielen Ganzkörperkontrollen unterziehen, Fangruppen sollen ausgeschlossen werden. Dass es dabei nicht nur um das Recht auf ein bisschen Freizeitspaß geht, sondern mitunter weit in den Grundrechtebereich der Betroffenen eingegriffen wird, darauf macht u.a. die AG Fananwälte regelmäßig aufmerksam. Auch der Freispruch widmet dem Thema einen Text.
Der Schwerpunkt der zweiten Nummer aber liegt auf dem Thema Drogen & Strafrecht. Während in den vergangenen Jahren international viel über die Wirksamkeit von Repression und Prohibition diskutiert wurde, steht ein Umdenken in der Drogenpolitik hierzulande scheinbar nicht auf der Tagesordnung. Seit Anfang der 1990er Jahre wurde das Strafrecht im Bereich der Betäubungsmittel sukzessive verschärft. Bewirkt wurden damit vor allem längere Haftzeiten, das Geschäft mit den illegalen Substanzen indes konnte nicht eingedämmt werden.
Dies und noch viel mehr steht im aktuellen Freispruch. Wem das noch nicht genug ist, der muss sich bis zur nächsten Nummer gedulden. Die kommt im Sommer. Bis dahin wünschen wir Ihnen einen guten Start ins Jahr.
Jasper von Schlieffen & Thomas Uwer
Ende der
Märchenstunde
Weltweit wächst die Einsicht in das Scheitern des War on Drugs. von Dr. Frank Nobis
Legal Highs mit
psychotropen Substanzen
Warum es nicht sinnvoll ist, den Umgang mit psychotropen Substanzen mit dem Betäubungs- oder Arzneimittelgesetz zu regeln, erklärt Tibor Harrach
Der »war on drugs« und
die Sicherungsverwahrung
Gastkommenar von Dr. Volkmar Schöneburg
Suchtkrank im Knast
Suchtkranke im hessischen Strafvollzug warten oft monatelang auf die Vermittlung einer geeigneten Therapie. von Thomas Scherzberg
Guter Fan, böser Fan
Das neue Sicherheitskonzept der DFL ist das alte:
Viel Polizei, wenig Kommunikation.
von Mandy Schultz
(Nichts) Neues aus Europa
Aktuelle Entwicklungen der europäischen Strafrechtsetzung zusammengefasst
von Carl W. Heydenreich
Tagebuch aus dem Gefängnis
Nur in der Printausgabe.
Mehrfach war der Schriftsteller Erich Mühsam im Gefängnis: 1918 wurde er, noch vor Ausbruch der Novemberrevolution, wegen politischer Betätigung zu sechsmonatiger Festungshaft, 1919, nachdem die Räterepublik von Reichswehr und rechtsradikalen Freikorps zerschlagen war, als »treibendes Element« der Revolution zu 20 Jahren Festungshaft verurteilt, von denen er vier Jahre im Gefängnis Niederschönenfeld absaß. Die vorliegenden Auszüge aus dem »Tagebuch aus dem Gefängnis« beschreiben eine frühere Gefängniserfahrung: 1909 wurde Mühsam erstmals, damals aufgrund eines Münchner Haftbefehls in Berlin verhaftet. Im Folgejahr wurde er der Geheimbündelei angeklagt, aber freigesprochen. Seine kurze Haftzeit im Gerichtsgefängnis Berlin/Charlottenburg beschreibt er noch mit manchmal fast amüsiertem Abstand des teilnehmenden Beobachters. Zuletzt wurde Mühsam 1933 verhaftet, diesmal von der SA. 1934 wurde Mühsam im KZ Oranienburg ermordet.