Strafverteidigertag Rechtspolitik

Kein roter Teppich für Donald Trump

Im Sommer tagen die Regierungen der G20-Staaten in Hamburg. Über die Vorbereitungen auf den Gipfel, die Proteste und den anwaltlichen Notdienst in Hamburg berichtet Martin Lemke.

 

In der Hamburger Innenstadt wird am 7. und 8. Juli 2017 das G 20 Treffen der wichtigsten Staats- und Regierungsdelegationen stattfinden. Angela Merkel wird u.a. Donald Trump, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan empfangen; die Vertreter von 90 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes und 80 Prozent des Welthandels geben sich ein Stelldichein. Entgegen weit verbreiteter Gerüchte ist der G 20 Gipfel nicht wie aus heiterem Himmel über Hamburg gekommen, sondern der rot-grüne Senat hat sich um die Ausrichtung beworben und von der Bundesregierung den Zuschlag erhalten. Die Veranstaltung findet vorwiegend im Karolinenviertel, nahe dem Schanzenviertel, und dem Rathaus, nahe der Mönckebergstrasse, statt – zentraler und belebter geht es nicht.

Um Themen wie Menschenrechte und Demokratie wird es angesichts der Teilnehmerliste dagegen kaum gehen, sondern eher um Geldvermehrung und Ausbeutung. Es werden erscheinen: Die Staats- und Regierungschefs der G20-Länder, die Finanzminister und Zentralbankchefs der G 8-Länder und elf weiterer Staaten, der EU-Präsident, der Präsident der Europäischen Zentralbank, der Direktor des Internationalen Währungsfonds, der Vorsitzende des Internationalen Währungs- und Finanzausschusses, der Präsident der Weltbank und der Vorsitzende des Komitees für wirtschaftliche Entwicklung OECD. Das verheißt nichts Gutes.

Es wird undurchdringliche Sicherheitszonen um die Messehallen, das Rathaus und die großen Luxushotels geben. Straßenzüge werden gesperrt, gepanzerte Kolonnen, die nicht halten dürfen, durch die Stadt rasen, Panzerfahrzeuge und Drohnen werden eingesetzt. Die elektronische Überwachung wird in einem bisher nicht gekannten Maß organisiert, Meldestellen und Kontrollpunkte werden eingerichtet, die Bundeswehr setzt Flugzeuge und Spezialkräfte ein. Linke Aktivisten werden schon jetzt vom Verfassungsschutz angesprochen und bedroht. Das den Messehallen benachbarte Gericht wird umgesiedelt, die Untersuchungshaftanstalt Holstenglacis evakuiert, eine Gefangenensammelstelle für Demonstrantinnen und Demonstranten für drei Millionen Euro südlich der Elbe hergerichtet. Es werden 20.000 Polizisten und Soldaten eingesetzt zuzüglich aller bundesdeutscher Geheim- und Sicherheitsdienste sowie der Geheim- und Sicherheitsdienste aller übrigen beteiligten Staaten. In der polizeilichen Pressestelle werden 300 Mitarbeiter unablässig twittern, schreiben, Interviews geben und ihre einseitige Sicht der Dinge verbreiten.

Wer sich je mit dem Thema »innerstädtische Aufstandsbekämpfung« beschäftigt hat, mag ermessen, wie sehr es die Herren der Inneren Sicherheit reizt, eine solche Veranstaltung (»polizeiliche Großlage«) durchzuführen und zu kontrollieren.

Der für den Polizeieinsatz zuständige Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD), angesichts der illustren Gästeliste ein eher kleines Licht, hat es sich nicht nehmen lassen, statt des regulär zuständigen Polizeiführers durch Senatorenverfügung den Leitenden Polizeidirektor (LPD) Hartmut Dudde als Gesamteinsatzleiter zu bestimmen. Es hätte in der Hamburger Polizeiführung liberalere Alternativen gegeben. Dudde hingegen ist ein wenig berühmt und sehr berüchtigt: Kein Jahr ist vergangen, in dem er nicht durch rechtswidrige Befehle aufgefallen ist. Das Hamburger Verwaltungsgericht hat mehrfach festgestellt, dass die Anordnungen und durchgeführten Maßnahmen des LPD Dudde unzulässig, rechtswidrig, nicht begründet und unangemessen waren. Die grundrechtswidrigen Polizeiaktionen richteten sich gegen Umweltschutzorganisationen, autonome Gruppen, Bauwagenbewohner, Demonstranten/innen und Volksfestbesucher. Anlässlich des Castortransportes 2010 hat das Landgericht Lüneburg (Az.10 T 5/11 v. 29.2.2012) festgestellt, dass LPD Dudde – gegen die Vorgaben der Gesamteinsatzleitung in Lüneburg – an der Bahnstrecke einen rechtswidrigen Kessel aus Polizeifahrzeugen errichten und über 1.000 Menschen zu Unrecht einsperren ließ, vorher gegebene Versprechen und Absprachen missachtete und die Kontaktaufnahmen zu Anwälten und dem Gericht unterband und dazu dann erklärte, die Möglichkeit einen so großen Kessel zu veranstalten, ergebe sich nur selten.

LPD Dudde ist selbst innerhalb der Hamburger Polizei wegen seines autoritären, unkooperativen und rechtswidrigen Verhaltens umstritten. Er ist als Garant für Unrecht und Gewalt gegen Bürger- und Grundrechte ausgewählt worden. Der Großeinsatz zum G 20 Gipfel bietet ihm »eine Dimension…, wie sie Hamburg bisher noch nicht erlebt hat«.|1 Auch das verheißt nichts Gutes.

Unmittelbar nach seiner Ernennung zum »Leiter des Vorbereitungsstabes und Polizeiführer der Einsätze« hat Dudde zwei bemerkenswerte Anordnungen getroffen: Zum einen verfügte er, dass das polizeiliche Einsatzkonzept nicht den parlamentarischen Gremien der Bürgerschaft vorgelegt wird und eine demokratische Kontrolle der Polizei damit ausgeschlossen ist. Bis auf einige Abgeordnete der Linken hat kein Parlamentarier nachgefragt oder Aufklärung verlangt. Die Polizei streut ihre Informationen stattdessen über das Hamburger Abendblatt und ihre eigene Presseabteilung. Tatsächlich bedeutet dies, dass nicht mehr Politiker, Abgeordnete oder Senatsmitarbeiter über Rechte und Pflichten von Versammlungen aufklären, nicht mehr politisch Verantwortliche die Einschränkung von Grundrechten anlässlich des G 20 Treffens bewerten, nicht mehr Parteien den Streit über angemessene oder überzogene Maßnahmen führen, sondern die Polizei erklärt, was gut, richtig und akzeptabel ist und was eben nicht. Die Verpolizeilichung der Politik setzt sich so immer mehr durch. Im Wendland erklärt auch schon lange kein Politiker der Bevölkerung mehr, wie es mit der Atomkraft weitergeht, sondern die Polizei erklärt, warum Atomtransporte wichtig sind und wo die demokratischen Grundrechte des Protestes aufhören. Wer das nicht akzeptiert, wird schnell vom Bürger zum »polizeilichen Gegenüber« oder gleich zum Beschuldigten.

Anmerkungen:

1| Hamburger Polizei Journal Nr. 4 2016, 4

Martin Lemke: Kein roter Teppich für Donald Trump, in: Freispruch, Heft 10, März 2017

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