Bekämpfung der Korruption

Stellungnahme der Strafverteidigervereinigungen zum Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption

 

Berichterstatter:
Rechtsanwalt Dr. Jan Bockemühl (Regensburg), Rechtsanwalt Markus Meißner (München), Rechtsanwalt Dr. Matthias Schütrumpf (München)
Berlin, 7. September 2014

I. Zur beabsichtigten Änderung des § 299 StGB

Mit dem neuen § 299 E-StGB soll der Rahmenbeschluss 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 umgesetzt werden.

1. Systematische Überlegungen

Die Vorschrift findet sich im 26. Abschnitt: Straftaten gegen den Wettbewerb. Die Ergänzung um eine Tatvariante, die dem Verständnis des sog. »Geschäftsherrenmodells« entspricht, erweist sich daher als keinesfalls unproblematisch für die Rechtsanwendung.

a. Zur bisherigen Fassung des § 299 StGB

Schon in der bisherigen Fassung des § 299 StGB treten Konstellationen auf, bei denen die Frage nach einer Strafbarkeit auf ihre Zeitgemäßheit überprüft werden sollte. Nach der absolut herrschenden Ansicht schützt § 299 StGB in der geltenden Fassung in erster Linie den Wettbewerb und nur reflexartig die (Vermögens-) Interessen der Mitbewerber und des gutgläubigen Geschäftsherren; teilweise werden auch noch die Kunden des Unternehmers gegen Verteuerung der Ware und generell die Verbraucher als geschützt angesehen.
Die Festlegung auf das Kollektivrechtsgut Wettbewerb hat zur Folge, dass dieses nicht disponibel und damit keine Einwilligung des Geschäftsherren möglich ist. So sind Konstellationen bei denen das Versprechen eines Vorteils, in welches auch der Geschäftsinhaber eingewilligt hat, gleichwohl tatbestandsmäßig. Will beispielweise eine Herstellerfirma den Absatz ihrer Produkte fördern und verspricht sie besonders erfolgreichen Verkäufern, die außerhalb des eigenen Unternehmens stehen, (Sach-)Prämien, so ist der objektive Tatbestand des § 299 StGB erfüllt, obwohl Prämienprogramme heutzutage etwas sehr übliches geworden sind und viele europäische Nachbarn eine solch weitreichende Strafbarkeit nicht kennen (vgl. u.).

Erhält hingegen der Geschäftsherr als Einzelunternehmer selbst eine Prämie, so vermag dies zwar ebenfalls den Wettbewerb zu verzerren, der Tatbestand des § 299 StGB ist hingegen nicht erfüllt. Bei einer Ein-Mann-GmbH hingegen ist die Frage der Strafbarkeit weitgehend ungeklärt, da bislang nicht entschieden ist, ob der Geschäftsführer der 1-Mann-GmbH Angestellter i.S.d. § 299 StGB ist. Eine unterschiedliche Behandlung des Einzelunternehmers, die allein abhängig von der gewählten Rechtsform wäre, ist indes nicht überzeugend.
Eine Neuregelung des § 299 StGB ist daher zwar grundsätzlich diskussionswürdig, nicht aber allein in der Hinsicht, dem Wettbewerbsmodell das Geschäftsherrenmodell ohne weiteres kumulativ zur Seite zu stellen.

b. Bedenken gegen den Entwurf zur neuen Fassung

Eine Verortung des Geschäftsherrenmodells im § 299 StGB begegnet Bedenken.
Durch das Geschäftsherrenmodell (§ 299 Abs. 1/2 Nr. 2 E-StGB) sollen die Vermögensinteressen des Geschäftsherren geschützt werden, während durch das Wettbewerbsmodell (§ 299 Abs. 1/2 Nr. 1 E-StGB) der Wettbewerb geschützt wird. In ein- und demselben Straftatbestand unterschiedliche Rechtsgüter zu schützen, ist möglich, führt aber in der Rechtsanwendung – wie die bereits heute weitgehend ungelösten Probleme des geltenden § 299 StGB zeigen – zu erheblicher Rechtsunsicherheit. So hat eine Auslegung des Tatbestandes grundsätzlich auch immer systematisch zu erfolgen. Wie aber soll ein Tatbestand zutreffend ausgelegt werden, der von vornherein systematisch unpassend in das Gesetz eingebunden wird?

Darüber hinaus wird der Unrechtscharakter beim Geschäftsherrenmodell im Wesentlichen dadurch bestimmt, dass der Angestellte/Beauftragte für eine »Untreue ohne Vermögensschaden« gegenüber seinem Geschäftsherren einen Vorteil erhält. Der Straftatbestand hat also untreueähnlichen Charakter und gehört in den 22. Abschnitt (Untreue und Betrug). Dafür spricht ebenfalls, dass dort auch Straftatbestände untergebracht sind, die als abstrakte Gefährdungsdelikte keinen Vermögensschaden voraussetzen (Bsp.: §§ 264, 264a, 265b StGB), und sich das Geschäftsherrenmodell dort gut beispielsweise als § 266c StGB einfügen würde.

2. Überlegungen zur Rechtsvereinheitlichung in Europa

Ein Nebeneinander von Wettbewerbsschutz und Unternehmensschutz/Geschäftsherrnschutz ist durch die Richtlinie nicht vorgegeben. Ein Blick in andere Mitgliedstaaten, die den Rahmenbeschluss bereits umgesetzt haben, zeigt, dass diese in aller Regel keine Umsetzung dergestalt vorgenommen haben, dass sowohl Handlungen, die den Wettbewerb beeinträchtigen, als auch Handlungen, die eine Pflichtverletzung gegenüber dem Geschäftsherren darstellen, unter Strafe gestellt werden:

a. Österreich
Mit dem KorrStrÄG von 2012, das am 01.01.2013 in Kraft trat, wurde der Rahmenbeschluss umgesetzt. Der geänderte Straftatbestand § 309 StGB n.F. zur Korruption im privaten Bereich lautet nun wie folgt:

(1) Ein Bediensteter oder Beauftragter eines Unternehmens, der im geschäftlichen Verkehr für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung einer Rechtshandlung von einem anderen für sich oder einen Dritten einen Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer einem Bediensteten oder Beauftragten eines Unternehmens im geschäftlichen Verkehr für die pflichtwidrige Vornahme oder Unterlassung einer Rechtshandlung für ihn oder einen Dritten einen Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt.

(3) Wer die Tat in Bezug auf einen 3 000 Euro übersteigenden Vorteil begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, übersteigt der Vorteil jedoch 50 000 Euro mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

Darüber hinaus existiert der Straftatbestand des § 10 UWG:

(1) Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes dem Bediensteten oder Beauftragten eines Unternehmens Geschenke oder andere Vorteile anbietet, verspricht oder gewährt, um durch unlauteres Verhalten des Bediensteten oder Beauftragten bei dem Bezug von Waren oder Leistungen eine Bevorzugung für sich oder einen Dritten zu erlangen, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen zu bestrafen. […]

Insoweit werden also im österreichischen Strafrecht sowohl die Korruption, durch die ein Beauftragter/Angestellter dazu gebracht werden soll, seine Pflichten zu verletzten (§ 309 StGB) als auch die wettbewerbsverzerrende Korruption (§ 10 UWG) unter Strafe gestellt, allerdings nicht in einem Gesetz. Der Strafrahmen ist bei beiden Straftatbeständen zudem sehr unterschiedlich.

b. Italien
In Italien bestand bis zur Umsetzung der Richtlinie durch das Gesetz Nr. 190 im Jahre 2012 keine Strafbarkeit für Korruption im geschäftlichen Verkehr, sondern ausschließlich für Amtsträger. Die neue Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch lautet wie folgt:
Art. 2635 Codice civile:

1. Salvo che il fatto costituisca più grave reato, gli amministratori, i direttori generali, i dirigenti preposti alla redazione dei documenti contabili societari, i sindaci e i liquidatori, che, a seguito della dazione o della promessa di denaro o altra utilità, per sè o per altri, compiono od omettono atti, in violazione degli obblighi inerenti al loro ufficio o degli obblighi di fedeltà, cagionando nocumento alla società, sono puniti con la reclusione da uno a tre anni. […]

Die Strafbarkeit wird hier allein auf die Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen gestützt, eine Handlung, die dagegen nur den Wettbewerb verzerrt, ist nicht strafbar.

c. Vereintes Königreich
Das Vereinte Königreich setzte die Richtlinie mit dem Bribery Act 2010 um. Die Gesetzesänderung trat am 01.07.2011 in Kraft.

Amendment 2 (2): […] Case 3 is where R requests, agrees to receive or accepts a financial or other advantage intending that, in consequence, a relevant function or activity should be performed improperly (whether by R or another person). […]

Hier wird also auch nur der Fall der Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen bestraft, aber nicht die Bestechung/Bestechlichkeit mit Wettbewerbsverzerrung.

d. Spanien
Der Rahmenbeschluss wurde in Spanien mit dem Gesetz Ley Orgánica 5/2010 vom 22.06.2010, ab dem 23.12.2010 in Kraft, umgesetzt und Art. 286 bis Código Penal folgendermaßen geändert:

1. Quien por sí o por persona interpuesta prometa, ofrezca o conceda a directivos, administradores, empleados o colaboradores de una empresa mercantil o de una sociedad, asociación, fundación u organización un beneficio o ventaja de cualquier naturaleza no justificados para que le favorezca a él o a un tercero frente a otros, incumpliendo sus obligaciones en la adquisición o venta de mercancías o en la contratación de servicios profesionales, será castigado con la pena de prisión de seis meses a cuatro años, inhabilitación especial para el ejercicio de industria o comercio por tiempo de uno a seis años y multa del tanto al triplo del valor del beneficio o ventaja.

2. Con las mismas penas será castigado el directivo, administrador, empleado o colaborador de una empresa mercantil, o de una sociedad, asociación, fundación u organización que, por sí o por persona interpuesta, reciba, solicite o acepte un beneficio o ventaja de cualquier naturaleza no justificados con el fin de favorecer frente a terceros a quien le otorga o del que espera el beneficio o ventaja, incumpliendo sus obligaciones en la adquisición o venta de mercancías o en la contratación de servicios profesionales.[…]

Dieser Straftatbestand stellt auch auf die Pflichtverletzung gegenüber dem Unternehmen und nicht auf die Wettbewerbsverzerrung ab.

e. Frankreich
In Frankreich wurde der Rahmenbeschluss mit dem Gesetz Nr. 2005-750 vom 04.07.2005 umgesetzt und in Art. 445 Code Pénal ein neuer Straftatbestand geschaffen.
Art. 445-1 Code Pénal:

Est puni de cinq ans d’emprisonnement et de 75 000 euros d’amende le fait de proposer, à tout moment, directement ou indirectement, des offres, des promesses, des dons, des présents ou des avantages quelconques pour obtenir d’une personne qui, sans être dépositaire de l’autorité publique ou chargée d’une mission de service public, exerce, dans le cadre d’une activité professionnelle ou sociale, une fonction de direction ou un travail pour une personne physique ou morale, ou un organisme quelconque, qu’elle accomplisse ou s’abstienne d’accomplir un acte de son activité ou de sa fonction ou facilité par son activité ou sa fonction, en violation de ses obligations légales, contractuelles ou professionnelles.

Est puni des mêmes peines le fait de céder à une personne visée à l’alinéa précédent qui sollicite, à tout moment, directement ou indirectement, des offres, des promesses, des dons, des présents ou des avantages quelconques pour accomplir ou s’abstenir d’accomplir un acte visé audit alinéa, en violation de ses obligations légales, contractuelles ou professionnelles.
Article 445-2 Code Pénal:

Est puni de cinq ans d’emprisonnement et de 75 000 euros d’amende le fait, par une personne qui, sans être dépositaire de l’autorité publique ou chargée d’une mission de service public, exerce, dans le cadre d’une activité professionnelle ou sociale, une fonction de direction ou un travail pour une personne physique ou morale, ou un organisme quelconque, de solliciter ou d’agréer, à tout moment, directement ou indirectement, des offres, des promesses, des dons, des présents ou des avantages quelconques pour accomplir ou s’abstenir d’accomplir un acte de son activité ou de sa fonction, ou facilité par son activité ou sa fonction, en violation de ses obligations légales, contractuelles ou professionnelles.

Maßgeblich ist auch hier wieder die Pflichtverletzung.

 

Der Vergleich zu anderen europäischen Ländern zeigt also, dass diese nur die Vorgaben des Rahmenbeschlusses umgesetzt haben, aber nicht darüber hinausgegangen sind. In Österreich existierte § 10 UWG auch schon vor der Umsetzung, der lediglich aufrechterhalten wurde.
Bei der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht sollte also nicht nur die Verschärfung durch kumulative Anordnung der Strafbarkeit als Möglichkeit gesehen, sondern eine in Europa einheitliche Ausgestaltung der Strafnormen in den Blick genommen werden.

3. Fazit:

Eine Änderung des § 299 StGB erscheint also durchaus sinnvoll, der Gesetzgeber sollte sich aber Gedanken machen über Umfang und Reichweite des notwendigen Wettbewerbsschutzes neben einem neu zu schaffenden Korruptionstatbestand im Geschäftsverkehr.
Die Möglichkeit der Zurückverlegung der Wettbewerbsstrafbarkeit in das UWG sollte dabei ebenso in Betracht gezogen werden, wie die Frage, ob wegen des Ultima-ratio-Prinzips des Strafrechts nicht auch eine Ausgestaltung als Ordnungswidrigkeit ausreichend sein könnte.
Das UWG schützt den Wettbewerb; doch auch der Wettbewerb verändert sich, heute bestimmt ein weitgehend globalisiertes Wettbewerbsbild die Gesellschaft. In dieser Situation müssen bestehende Normen, die den Wettbewerb schützen sollen, diesen letztlich aber auch beschränken immer wieder einem kritischen Blick unterzogen werden, ob die gesetzliche Regelung dem gesetzgeberisch Gewollten immer noch entspricht. Diese Chance einer aktuellen Diskussion sollte der Gesetzgeber angesichts des neu zu schaffenden Korruptionstatbestands auch in Hinblick auf die aktuell geltende Fassung des § 299 StGB nutzen.
Ein nach dem Geschäftsherrenmodell ausgestalteter Korruptionstat-bestand, dessen Schaffung durch die Umsetzungspflicht des Rahmenbeschlusses notwendig ist, passt systematisch besser in den 22. Abschnitt als in den 26. Abschnitt.

Eine Korruptionsstrafbarkeit sowohl nach dem Wettbewerbs- als auch nach dem Geschäftsherrenmodell in ein- und demselben Straftatbestand im StGB im Abschnitt der Straftaten gegen den Wettbewerb erscheint nicht sinnvoll.

II. Zur beabsichtigten Änderung des § 202c StGB

Die Strafandrohung im jetzigen § 202c StGB soll durch den Referentenentwurf von einem Jahr auf zwei Jahre angehoben werden. Wenn der Gesetzgeber sich anschickt, den § 202c StGB zu ändern, noch dazu die Strafandrohung auf zwei Jahre zu erhöhen, sollte der Straftatbestand bei dieser Gelegenheit grundsätzlich überprüft werden.

1. Zur Entstehungsgeschichte und den Änderungsvorgaben

Die Richtlinie 2013/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. August 2013 macht in Art. 9 Abs. 2 der RL die Vorgabe, dass objektiv Handlungen, wie sie bei uns in § 202c StGB unter Strafe gestellt werden, zumindest in einem nicht leichten Fall mit einer Freiheitsstrafe im Höchstmaß von mindestens zwei Jahren geahndet werden.

2. Einschränkung des subjektiven Tatbestands

In der jetzigen Fassung setzt § 202c StGB keine bestimmte Vorsatzform voraus, sodass nach herrschender Ansicht Eventualvorsatz ausreichend ist.

Die Richtlinie spricht hingegen in Art. 7 der RL von Absicht hinsichtlich der Begehung von Straftaten der Artikel 3 bis 6, was unseren § 202a und b StGB entspricht. Auch wenn eine Richtlinie lediglich Mindestvorgaben macht und die Mitgliedstaaten in der Umsetzung über diese Vorgaben hinausgehen und schärfere Straftatbestände schaffen können, könnte es aber hinsichtlich des Gedankens der Rechtsangleichung sinnvoll sein, hier ebenfalls den subjektiven Tatbestand auf Absicht einzuschränken.

In der Literatur wird die Weite des subjektiven Tatbestands des § 202c StGB durchaus kritisch gesehen. Im damaligen Gesetzentwurf des Bundesregierung (Drucksache 16/3656) vom 30.11.2006 war davon die Rede, dass der Täter die Straftatbegehung der § 202a/b StGB »in Aussicht genommen haben« müsse.

Das BVerfG hat sich in einem ausführlich begründeten Nichtannahme-Beschluss inhaltlich mit der Reichweite des § 202c StGB auseinandergesetzt. Die Verfassungsbeschwerden wurden als unzulässig nicht angenommen, waren es doch letztlich Beschwerden gegen die Strafnorm selbst. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts macht aber schon deutlich, dass Fälle denkbar sind, in denen die objektive Reichweite der Strafnorm sich als nicht völlig unproblematisch erweisen könnte.

Gerade wenn daher die Richtlinie selbst eine einschränkende Anforderung an den subjektiven Tatbestand vorgibt, erscheint es doch sinnvoll über eine solche Einschränkung bei einer Neuregelung im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses zu diskutieren.

3. Blick in andere europäische Länder

Die hier als Vergleich herangezogenen Mitgliedstaaten haben zwar die Richtlinie 2013/40/EU vom 12. August 2013 noch nicht umgesetzt, enthalten aber in den jetzt geltenden teilweise heute schon Einschränkungen:

a. Italien
Art. 615-quater Codice penale setzt eine Art Bereicherungs- oder Schädigungsabsicht voraus (»al fine di procurare a sé o ad altri un profitto o di arrecare ad altri un danno«) und Art. 615-quinquies Codice penale spricht von »allo scopo«, was man mit »zwecks«, »mit dem Ziel« übersetzen kann und was auch als Absicht verstanden werden kann.

b. Frankreich
In Art. 323-3-1 Code Pénal ist eine Art Strafausschließungsgrund enthalten (»sans motif légitime, notamment de recherche ou de sécurité informatique«), für legitime Beweggründe, insbesondere Recherche oder Daten-/Computersicherheit, was ebenso zu einer Einschränkung der Strafbarkeit führt.

c. Vereintes Königreich
Im Amendment 3A des Computer Misure Act 1990 wird eine Absicht vorausgesetzt (»intending«).

4. Fazit und Vorschlag

Aufgrund der großen Rechtsunsicherheit für Unternehmen in der IT-Branche, die aufgrund der Forschung und Entwicklung von Programmen für Datensicherheit sog. Schadsoftware herstellen (müssen), erscheint eine Eingrenzung des subjektiven Tatbestands auf Absicht angezeigt. Diese Einschränkung des Tatbestandes erscheint nicht zuletzt auch wegen der Erhöhung der Strafandrohung diskussionswürdig.

Ein Vorschlag für die Formulierung eines neuen § 202c StGB könnte lauten:

Wer
1. Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die den Zugang zu Daten (§ 202a Abs. 2) ermöglichen, oder
2. Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, 
in der Absicht eine Straftat nach § 202a oder § 202b vorzubereiten herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verkauft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) § 149 Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

 

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